Juni 2016

Vergebung

ein Loslassen der Vergangenheit

Anfänglich glaubte ich, daß ich bereits Anfang des Jahres wieder gesund sein würde. Ich täuschte mich. Gleichzeitig wurde mir bewusst, dass ich immer noch ankämpfte gegen meine Krankheit. Ich wollte einfach nur zu dem Mann zurückkehren, der ich noch vor ein paar Monaten war.

© wernermarkus.com

In den Tagen des Jahres 2016 konnte ich keinen Sport machen. Ich musste mich mit ein kleinen Spaziergängen zufrieden geben. Manchmal waren as gerade einmal ein paar Minuten an der frischen Luft. Dann fühlte ich mich wieder, als würde ich jeden Moment das Bewusstsein verlieren oder direkt in eine Drehschwindelattacke geraten, die mich auf den nackten Pflasterboden niederstrecken würde. Ich machte mir Sorgen über meinen Zustand und verglichen mit anderen Patienten, die meine Krankheit diagnostiziert bekommen hatten, konnte ich mit der Situation nur schwer umgehen. Etwas war vielleicht ganz anders. Alle Versuche, in denen ich mich als gesund darstellen wollte, schlugen fehl. Wohl oder übel musste ich mich damit abfinden, dass ich keinen blassen Schimmer hatte, was mit mir passierte und wohin mein Leben steuern sollte.

Der Frühling hatte gerade begonnen und ich entschied mich eine Reise nach Taizé mit meiner Partnerin zu unternehmen. Ziel der Reise war Taizé – das Kloster von Frère Roger nahe Cluny in Frankreich. Es war das erste Mal, dass ich mich selbst wieder mit anderen Menschen konfrontierte. Ich fühlte mich schwach und hatte immer noch nicht mein Gleichgewicht wiedergefunden. Statt Drehschwindelattacken hatte ich jetzt mit einem bleibenden Schwankschwindel zu kämpfen. Das fühlt sich so an, wie wenn man ständig auf einem Boot ist bei mäßigem Wellengang. Dieses ständige Gefühl des Wankens mit der Angst, eine Drehschwindelattacke anheim zu fallen, hatte mein soziales Verhalten erheblich eingeschränkt und ich vermied Kontakte bis in Taizé.

Ich war einfach dankbar für jeden Tag, den ich „überlebte“ und ich fühlte mich demütig gegenüber dem Leben und gegenüber Gott.

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Vor Jahren war ich schon einmal in Taizé. Damals war ich gesund und in festen Lebensumständen. Papst Franziskus hatte das Jahr 2016 als ein Jahr der Barmherzigkeit ausgerufen. Seinem Wunsch entsprechend beschäftigten sich die Bibelstunden mit Barmherzigkeit. Gott zeigt seine Barmherzigkeit allem gegenüber. In Jesus zeigt er seine Barmherzigkeit gegenüber der Menschheit und er übt Mitgefühl wissend um das Leiden der Menschen. Oft fand ich mich in der Kirche sitzend. Ich hatte Mitgefühl mit den Kranken, von denen ich jetzt einer war. Langsam kehrte ich zurück zu Gott. Es fühlte sich an, wie wenn ich mein ganzes Herz in seine Präsenz legte und zugab, dass mein Lebensweg eine überraschende Wende genommen hatte. Ich hatte Zeit – Zeit, mir die letzten Jahre anzuschauen ohne involviert zu sein. Die wichtigste Lektion bekam ich, als einer der Brüder über Vergebung sprach. Ich musste anfangen, mir selbst zu vergeben und dann allen Menschen in meinem Umfeld, die ich für viel Scheitern in meinem Leben verantwortlich machte. Ich hatte Verluste erlitten und bin enttäuscht worden. Ich fühlte mich verletzt auf vielen Ebenen. Sicherlich habe ich auch selbst verletzt. Ich konnte anfangen, zu trauern über die Träume, die nicht Realität geworden waren. Ich entdeckte Visionen, die stärker waren als meine Träume und die sich zurückgezogen hatten und sich immer noch als lebenwert darstellten. Gemeinschaftsleben war eine davon.

Zurück in Deutschland lief ich in das passende Zitat, das mir etwas leichter machte, mit meiner Situation Frieden zu schließen und sogar etwas zu lachen. Ich spürte das erste Mal etwas wie Hoffnung.

EVER tried.
Ever failed.
No matter.
TRY again.
Fail again.
Fail better.

Samuel Beckett